Naturing Myself - Wissen - Körperliche Symptome bei Hochsensibilität und Bindungstrauma

Wie Trauma und Hochsensibilität den Körper beeinflussen

Wenn der Körper sagt, was Worte nicht ausdrücken können

Hochsensible Menschen nehmen ihre Umwelt intensiver wahr – und das betrifft nicht nur Geräusche, Stimmungen oder visuelle Reize, sondern auch die feinen Signale des eigenen Körpers. Wer zusätzlich ein Bindungstrauma erlebt hat, dessen Nervensystem ist oft dauerhaft in Alarmbereitschaft.

Die Folge: körperliche Symptome, die nicht „eingebildet“ oder „übertrieben“ sind, sondern Ausdruck eines überreizten, schutzsuchenden inneren Systems.

Diese Seite erklärt typische körperliche Beschwerden, die bei Hochsensibilität UND Bindungstrauma auftreten können – und erklärt, wieso das autonome Nervensystem dabei eine zentrale Rolle spielt.

Inhaltsverzeichnis

Typische körperliche Symptome bei HSP mit Bindungstrauma

Viele Betroffene berichten über folgende Beschwerden – oft ohne eindeutige medizinische Ursache:

1. Vegetative Symptome

  • Herzklopfen oder Herzrasen
  • Atemnot oder Engegefühl in der Brust
  • Schwitzen ohne körperliche Anstrengung
  • Schwindel, Benommenheit
  • Zittern oder Muskelzuckungen

2. Nervenbezogene Symptome

  • Spannungskopfschmerzen oder Migräne
  • Licht- und Geräuschempfindlichkeit
  • Konzentrationsprobleme („Nebel im Kopf“)
  • Überempfindlichkeit auf Reize (z. B. Kleidung, Geräusche, Gerüche)

3. Magen-Darm-Beschwerden

  • Reizdarm, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung
  • Übelkeit ohne organische Ursache
  • Appetitlosigkeit oder emotionales Essen

4. Allgemeine Körpersymptome

  • Chronische Müdigkeit, Erschöpfung
  • Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit
  • Schlafstörungen (Ein- oder Durchschlafprobleme)
  • Muskelverspannungen (besonders Nacken, Schultern, Kiefer, Kopf)
  • Druck- oder Engegefühle im Körper (v. a. Brustkorb, Magen, Hals)
  • Ängste und Depressionen

Warum treten diese Symptome auf?

Der Schlüssel liegt im autonomen Nervensystem, insbesondere in der feinen Regulation zwischen:

  • Sympathikus (Aktivierung, Kampf- oder Fluchtmodus)
  • Parasympathikus (Entspannung, Regeneration)
  • und die Fähigkeit des Nervensystems, zwischen beiden flexibel zu wechseln.

Bei Hochsensibilität ist dieses System besonders feinfühlig. Es reagiert stark auf innere und äußere Reize – sowohl auf Stress als auch auf Emotionen, soziale Spannungen oder Sinneseindrücke.

Bei Bindungstrauma kommt oft eine dauerhafte Schutzspannung hinzu: Das Nervensystem erinnert sich an frühere Unsicherheit oder Gefahr und bleibt in einem Zustand erhöhter Wachsamkeit („Hypervigilanz“). Dadurch können viele der oben genannten Symptome entstehen – selbst wenn heute keine Bedrohung mehr vorliegt. Denn das autonome Nervensystem reguliert unbewusst viele Körperfunktionen – vom Herzschlag bis zur Verdauung.

Wenn Stress zum Dauerzustand wird

Bei hochsensiblen Menschen mit Bindungstrauma kann schon alltäglicher Stress intensiver wirken – nicht, weil sie „zu empfindlich“ sind, sondern weil ihr Nervensystem viel mehr Informationen gleichzeitig verarbeitet und alte Schutzmechanismen oft unbewusst mitlaufen.

Ihr autonomes Nervensytem arbeitet ununterbrochen auf Hochtouren. Was für andere wie eine harmlose Alltagssituation wirkt, kann sich für Betroffene wie eine innere Bedrohung anfühlen.

Der Körper reagiert mit Stressymptomen

Kommt es über längere Zeit zu einer Dauerbelastung, etwa durch ungelöste emotionale Spannungen, ständige Anpassung, Reizüberflutung oder ungelöste Beziehungskonflikte, reagiert der Körper mit typischen Stresssymptomen: erhöhter Muskeltonus, Verdauungsprobleme, Schlafstörungen, hormonelle Dysbalancen oder chronische Erschöpfung.

Gerade bei Menschen mit Bindungstrauma greift der Körper oft auf alte Schutzstrategien zurück – nicht nur emotional, sondern auch körperlich: Der Körper bleibt in Alarmbereitschaft, obwohl der Auslöser längst vergangen ist.

Das erklärt, warum sich viele Symptome hartnäckig halten, obwohl „objektiv“ keine Gefahr besteht.

Wie ein großes Knäuel unerklärlicher Symptome

Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als mein inneres Stressfass überlief.

Eine Verdachtsdiagnose meiner Ärztin hatte mich tief verunsichert. Etwas in mir geriet in Aufruhr – ein diffuser innerer Druck entstand, den ich zwar deutlich spürte, aber nicht einordnen konnte. Über Wochen und Monate hinweg.

In dieser Zeit schickte mein Körper immer deutlichere Signale – doch ich verstand sie nicht: Schwindelgefühle, das Gefühl, jeden Moment umzukippen, Konzentrationsstörungen, juckende Haut, Kribbeln auf der Kopfhaut, Erschöpfung, Kopf- und Rückenschmerzen, plötzliche Angst- und Panikgedanken, Schlafstörungen – sogar unerklärliche Zahnschmerzen waren dabei.

Stundenlang recherchierte ich nach möglichen Ursachen.

Ohne Aussicht auf Erklärung

Ich verlor mich in Erklärungsversuchen, aber die eigentlichen Zusammenhänge blieben im Dunkeln. Trotz zahlreicher medizinsicher Tests und Untersuchungen sowie unterschiedlichster Ansätze verschwand keine der Beschwerden. Im Gegenteil – ich geriet zunehmend in einen Zustand der Überforderung. Niemand schien mir wirklich helfen zu können.

All die Symptome verdichteten sich zu einem großen undurchsichtigen Knäuel. Ein Knäuel, das immer mehr Druck aufbaute – bis es zu platzen drohte. Als meine Kräfte am Ende waren, wurde mir klar: Ich konnte diese Krise nicht mehr allein bewältigen.

Fünf Wochen im Krankenhaus und ein halbes Jahr später begann ich allmählich zu verstehen. Die Zusammenhänge mit meiner Feinfühligkeit und Geschichte wurden erkennbar – und ich konnte endlich an den Ursachen meiner jahrzehntelangen Probleme ansetzen.

Was mir geholfen hat

Neben der körperbasierten Traumatherapie war es vor allem der Kontakt zur Natur, der mir half. Immer wieder spürte ich, wie wohltuend sie auf mein Nervensystem wirkte – beruhigend, ausgleichend und zugleich still akzeptierend.

Wenn ich draußen unterwegs war, ob im Wald oder in einem Park, fiel mir zum ersten Mal der Druck von mir ab, etwas leisten zu müssen. Ich durfte einfach da sein. Mein System bekam Raum – Raum, sich neu zu ordnen, in seinem eigenen Tempo.

Natürlich gab es auch noch eine Reihe anderer Dinge, die mir geholfen haben. Eine kurze Übersicht über das, was mich weitergebracht hat, findest du bei Interresse im Abschnitt Was mir geholfen hat auf meiner Übermich-Seite.

Was hilft im Umgang mit körperlichen Symptomen?

Meiner Erfahrung nach ist es besonders sanfte Regulation, statt der Versuch die Symptome zu kontrollieren. Denn das Ziel ist nicht, die körperlichen Symptome „weg zu machen“ oder zu ignorieren, sondern dem Körper Sicherheit zu vermitteln, damit er sich selbst regulieren kann.

Hilfreich können sein:

  • Achtsame (traumasensitive) Körperwahrnehmung
  • Regelmäßige Pausen und Reizreduktion im Alltag
  • Stabilisierungstechniken für das Nervensystem 
  • Traumasensible Begleitung, um alte Muster sanft zu lösen
  • Wärme, Erdung, Rhythmus – alles, was dem Körper Sicherheit vermittelt 

👉 Jeder Mensch bringt eine eigene Geschichte mit. Erlaube dir, dich behutsam heranzutasten und herauszufinden, was sich für dich stimmig und richtig anfühlt. Du darfst ausprobieren – ganz ohne Druck, in deinem eigenen Tempo.

Fazit: Der Körper erinnert sich – und fühlt mit

Du solltest körperliche Symptome bei Hochsensibilität und Bindungstrauma ernst nehmen – nicht als Krankheit, sondern als Botschaften eines überlasteten Nervensystems.

Wenn du lernst, diese Sprache zu verstehen und dem Körper neue Sicherheit zu schenken, können sich viele Symptome nach und nach beruhigen.

Wünschst du dir Unterstützung auf diesem Weg?

In meinen Begleitangeboten findest du Raum, deine Körpersignale besser zu verstehen und achtsam mit dir selbst in Verbindung zu kommen.