
Natur als Ressource
Möchtest du wissen mit welchen Ressourcen die Natur dich bei der Traumaheilung unterstützen kann? Hier findest du Informationen und Inspirationen.
Gefangen in der Stressspirale
Es gibt Tage, da stresst mich alles. Angefangen von meinen Gedanken, die wildgeworden in meinem Kopf toben, über das lange Teams-Meeting, das schier nicht enden will, bis zu meinen verspannten Schultern, die trotz Dehnübungen einfach nicht lockerlassen wollen.
Ich bin dann mal weg
Ich schließe meine Augen und schon bin ich am Meer. Nasser Sand unter meinen Füßen, ich sitze auf einem alten Holzstamm, der Teil der Strandbefestigung ist, und blicke raus aufs offene Meer. Über mir der weite wolkenlose Himmel, vor mir die Weite des Horizonts, eine Möwe landet am Strand. Ich merke, wie meine körperliche Anspannung nachlässt, atme erleichtert auf und genieße den Moment.
Dieser Ort ist eine wichtige Ressource für mich. Er hilft mir zur Ruhe zu kommen und mich wieder zu sammeln. Solche Orte nennt man Kraftorte. Mehr zu diesem Thema weiter unten. Aber was ist überhaupt eine Ressource?
Kennst du deine Ressourcen?
Häufig sind unsere Ressourcen uns wenig bewusst. Wir tun uns schwer zu beschreiben, was wir alles wissen, können oder was uns guttut. Oft sind das mehr Dinge als wir ahnen.
Denn vieles in unserem Alltag kann zu einer Ressource werden: unsere handwerklichen Fertigkeiten beim Basteln oder Backen, unser Wissen über Bäume, die Beziehung zu einem besonderen Menschen oder unsere Lieblingsbank im Park.
Was alle Ressourcen gemeinsam haben: Sie geben uns Kraft und helfen uns schwierige Situation leichter zu meistern.
Trauma und Ressourcen
Traumatisierte Menschen fällt es häufig besonders schwer ihre Ressourcen zu benennen. Umso wichtiger ist es sich die eigenen Ressourcen bewusst zu machen, denn sie können uns als Gegenpol zu alten Gefühlen wie Ohnmacht und Hilflosigkeit dienen.
Weiter Vorteile von Ressourcen im Zusammenhang mit Trauma sind:
- Bessere Emotions- und Stressregulation im Alltag
- Wahrgenommene Selbstwirksamkeit steigt
- Gesteigertes Wohlbefinden durch Rückbesinnung auf eigene Stärken

Ressourcen aus der Natur
Ein großer Pluspunkt der Natur als Ressource ist, dass sie einfach verfügbar und in der Regel kostenfrei ist. Allein schon ein kurzer Spaziergang oder ein Besuch im Park um die Ecke, kann für dich zu einer wichtigen Ressource werden (siehe Trauma und Natur). Aber natürlich bietet die Natur noch mehr. Welche Ressourcen das sind, erfährst du jetzt.
Lass dich inspirieren und finde deine Ressourcen in der Natur
In den nachfolgenden Abschnitten findest du Informationen zu den einzelnen Ressourcen und erfährst, wie du sie am besten nutzt:
1. Kraftorte
Ein Kraftort ist ein Ort, der positive auf uns wirkt, der uns beruhigt oder stärkt. Er ist so individuell wie wir Menschen. Jeder von uns hat andere Vorlieben und Erfahrungen, Dinge, die bei der Auswahl eines Kraftortes eine große Rolle spielen.
In Gedanken bin ich barfuß am Strand
In der Regel ist ein Kraftort ein physischer Ort. Wie zum Beispiel ein ungewöhnlicher Fels, ein alter Baum oder eine Waldlichtung. Je öfter wir unseren Kraftort aufsuchen, desto mehr Erinnerungen verknüpfen wir mit ihm. Mit der Zeit wird es immer einfacher ihn auch als inneres Bild abzurufen. Dadurch können wir bei Bedarf jederzeit und überall seine Wirkung spüren.
Dein Ort, deine Regeln
Damit ein Ort zu deinem persönlichen Kraftort werden kann, ist deine Verbindung zu dem Ort enorm wichtig. Vielleicht gibt es Orte, die für dich mit negativen oder schmerzhaften Erinnerungen verknüpft sind. Oder Orte an denen du nicht gut fühlst. Deshalb sind Kraftorte immer nur subjektiv erlebbar.
Nach einem Trauma fehlt es uns an Sicherheit und Entspannung. Hier kann ein selbst gewählter Kraftort helfen, indem er dir Geborgenheit und Trost spendet und dir hilft deine Gefühle zu beruhigen. So kann ein Kraftort in der Natur zu einer wichtigen Ressource für dich werden.
2. Naturmaterialien
Hast du dich auch schon mal gefragt, wieso Menschen Muscheln sammeln? Ich glaube Sie wollen sich ein Stück Urlaubsgefühl mit nach Hause nehmen. Um es zu konservieren. Denn auch wenn sie längst wieder im spröden Alltag stecken, beim Anblick der mitgebrachten Muscheln sind sie in Gedanken wieder mit den Füßen im Sand.
Fundstück dringend gesucht
Neben Muscheln lassen sich auch Naturmaterialien wie Steine, Zweige, Blätter, Zapfen, Federn, Rindenstücke, Kastanien oder ähnliches als Ressource nutzen. Wichtig ist, dass du keine Pflanzen zerstörst oder beschädigst, sondern nur Dinge als Ressource aus der Natur mitnimmst, die du auf dem Boden findest.
Plusmomente sammeln
In jedem Fall solltest du mit dem gefundenen Gegenstand positive Gefühle und Erinnerungen verknüpfen. So kann zum Beispiel ein besonderer Stein, den du auf einer Wandung mit Freunden gefunden hast, dich daran erinnern, wie gut du dich damals gefühlt hast. Auch in Zeiten, wo es dir weniger gut geht.
Traumatisierte Menschen kämpfen oft mit negativen Gedanken. Da kann ein Gegenstand, der mit positiven Gefühlen verbunden ist, daran erinnern, dass es trotz allem auch schöne Momente im Leben gibt. Meine Fundstücke haben jedenfalls inzwischen ihren festen Platz und jedes Stück hat seine eigene Geschichte, die mir an trüben Tagen Kraft schenkt.
3. Bewegung
Eine Studie der Hochschule für Sport hat herausgefunden, dass Wandern sich langfristig körperlich und psychisch in vielfältiger Weise auf unser Wohlbefinden auswirkt. Wandern senkt unseren Stresspegel, fördert gleichzeitig aber auch das Erleben von Glück, Gelassenheit, Dankbarkeit und vielem mehr.
Dein eigenes Tempo
Das Gute: Jede Bewegung an der frischen Luft hilft Stress zu reduzieren und für eine aktive Entspannung von Körper und Geist zu sorgen. Man muss keine alpine Bergtour machen, um zu profitieren. Wichtig ist, dass du Dein eigenes Tempo und deine eigene Strecke findest, so bleibst du motiviert und kannst Bewegung in der Natur als Ressource in deinen Alltag einbauen.
Da ein Trauma mit einem erhöhten Stressniveau verbunden ist, das sich durch einen Wechsel zwischen Untererregung und Übererregung zeigt, ist Bewegung ein gutes Mittel um mehr ins Dein Gleichgewicht zu kommen. Durch die Bewegung wird der Stoffwechsel angeregt, Stresshormone werden abgebaut und das wiederum beruhigt unser aus dem Takt geratenes vegetatives Nervensystem.
Mach das Beste aus dem Jetzt
Das ist noch nicht alles. Dieser Effekt wird durch die Natur weiter verstärkt. Allein der Aufenthalt in der Natur wirkt schon stresslindernd und beruhigend und schult gleichzeitig unsere Wahrnehmung. Entdecken wir zum Beispiel einen besonders gewachsenen Baum oder eine außergewöhnliche Pflanze, ist unser Fokus automatisch im Hier und Jetzt. Negative Gedankenschleifen werden gestoppt, unser Wohlbefinden steigt.
Auch unsere Körperwahrnehmung können wir mit etwas Übung durch Bewegung in der Natur verbessern. Wir nehmen wahr, dass sich unser Körper vorher und nachher anders anfühlt, spüren eine Veränderung unserer Muskulatur, während wir draußen unterwegs sind, oder lernen welches Tempo uns stresst und welches uns entspannen lässt.
Neuer Tag, neuer Weg
Bewegung in der Natur hilft uns unsere Grenzen auszutesten. Traumatisierte Menschen haben ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Beim Wandern oder Spazierengehen neue Wege zu wählen fällt ihnen schwer. Zuviel ist ungewiss, zu wenig vorhersehbar. Meiner persönlichen Erfahrung nach ist es eine gute Idee sich in stressigen Zeiten für alte, bekannte Strecken zu entscheiden, da sie mehr Sicherheit vermitteln, und in einer stabilen Phase einen neuen Weg zu erkunden.
4. Fotos
Jede Menge Fotos habe ich inzwischen gemacht. Und es werden mit jedem Nordseeurlaub mehr. Bei meinen Ausflügen entdecke ich immer wieder neue Motive, manchmal kleinste Details, die mir nur ins Auge springen, weil ich achtsam unterwegs bin. So ist Fotografieren in der Natur für mich zu einer wichtigen Ressource geworden.
Moment, da war doch was!
Aber auch die Fotos selbst, sind eine wertvolle Ressource. Sie konservieren all die Momente, in denen ich etwas Schönes entdeckt habe, mich gefreut habe über einen Käfer auf einem Blatt oder ein Spinnennetz im Morgennebel. Sie erinnern mich an die Einzigartigkeit der Natur und machen mich dankbar dafür, dass ich sie erleben darf. Außerdem helfen mir diese Fotos, positive Gefühle leichter zu erinnern, und alte Traumagefühle leichter zu entkräften.
Mach dir dein eigenes Bild
Du kannst Fotos auf vielfältige Weise als Ressource für dich nutzen:
- In einem Bilderrahmen, aufgehängt oder auf dem Schreibtisch stehend
- Als Bildschirmhintergrund auf deinem Computer
- Gedruckt auf Kalendern, Tassen, Mousepads und vielem mehr
- Online in einem von dir gestalteten Fotoblog
- In Form eines Fotoalbums, zum selbst behalten oder verschenken
Tipp: Du kannst auch ein Foto von deinem Kraftort in der Natur machen und dir zu Hause aufhängen.
5. Naturmediationen
Was spricht gegen einen Baumstumpf als Meditationsplatz? Oder eine Bank im Park? Oder eine Wiese? In der Natur zu meditieren, bietet dir Raum für neue Erfahrungen. Sie hilft dir Abstand vom Alltag zu gewinnen und trägt nachweislich zur Stressreduktion bei.
Beim Meditieren geht es um die Stärkung unserer Konzentration durch die Fokussierung auf ein Objekt. Im einfachsten Fall auf unseren Atem, den wir immer dabeihaben. Auch draußen in der Natur.
Safety first
Wir sollten einen Ort wählen wo wir uns sicher und geborgen fühlen. Nur so können wir mit unserer Aufmerksamkeit nach innen gehen und uns fallen lassen. Das kann zum Beispiel ein Baum sein, an den wir uns anlehnen können oder ein großer Stein an einem See.
Für traumatisierte Menschen kann es schwierig sein längere Zeit still zu sitzen oder die Augen zu schließen, weil dabei schwierige Gefühle auftauchen können. Es ist deshalb wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und zu experimentieren. Du kannst zum Beispiel die Augen offenlassen oder dich auf ein Naturobjekt, z.B. eine Pflanze oder einen Baum, in der Nähe fokussieren.
Schritt für Schritt
Statt zu sitzen, kannst du dich bei einer Gehmediation auf die Füße und das bewusste Aufsetzen der Fußsohlen konzentrieren, was am Anfang einfacher sein kann als stilles Sitzen. Das ist gleichzeitig eine gute Übung, um mehr im Hier und Jetzt zu sein.
Wenn wir ein Trauma erlebt haben, pendeln wir häufig zwischen schmerzhaften Gefühlen aus der Vergangenheit und unserer Angst vor der Zukunft. Uns auf unsere Füße im gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, hilft uns aus diesem Kreislauf auszusteigen.
6. Achtsamkeit in der Natur
Mein erstes Buch über Achtsamkeit habe ich vor über 11 Jahren gekauft. Achtsamer wurde mein Leben dadurch nicht. Im Gegenteil. Lange Zeit war ich weiter im Stressmodus gefangen, erst zwei Krisen brachten Klarheit. Halfen mir zu verstehen, dass Achtsamkeit mit meiner Wahrnehmung zu tun hat. Und mit Aufmerksamkeit. Mit dem bewussten Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments.
Hör doch mal hin
Gar nicht so einfach. Hilfe kommt (mal wieder) aus der Natur. Draußen in der Natur Achtsamkeit zu praktizieren hat viele Vorteile. Wir können unsere Sinne trainieren und gleichzeitig zu mehr Ruhe und Gelassenheit finden. Ob im Wald oder auf einer Wiese, was wir hören, ist immer anders, aber auch was wir fühlen oder riechen. Ein Zapfen fühlt sich anders an als ein Grashalm. Eine Brombeerhecke riecht anders als frisch gemähtes Gras.
Alles bleibt anders
Die Natur verändert sich ständig. Tagsüber herrscht eine andere Atmosphäre im Wald als frühmorgens oder nachts, je nach Jahreszeit gibt es andere Dinge zu entdecken und zu beobachten. Wir können die Rhythmen der Natur nutzen, um unser Achtsamkeit zu trainieren.
Neugierig auf mehr?
Erfahre jetzt wie du von Achtsamkeit in der Natur profitieren kannst und wie die Natur dich bei der Traumaheilung unterstützten kann.