Mit Trauma leben: 3 Übungen in der Natur für mehr Sicherheit

  • Beitrags-Kategorie:Natur / Selbsthilfe / Tipps / Trauma
  • Beitrag zuletzt geändert am:Juli 18, 2025
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Sicherheit finden in der Natur

Wann hast du dich zuletzt sicher gefühlt? Morgens beim Aufwachen im Bett? In Anwesenheit eines lieben Menschen? Allein irgendwo draußen in der Natur? Oder es fällt dir so wie mir vielleicht schwer, dich überhaupt dauerhaft sicher zu fühlen?

Je nachdem, wie gut oder schlecht dein Nervensystem reguliert ist, wittert es vielleicht schneller eine Gefahr, als du Banane sagen kannst. Macht ja auch Sinn, denn im Ernstfall lange über die eigene Sicherheit nachzudenken kann tödlich enden. Auch ohne Säbelzahntiger.

Sich sicher zu fühlen ist also alles andere als selbstverständlich. Zumal das Gefühl von Sicherheit sehr individuell und schwer messbar ist. Je nachdem, welche Erfahrungen wir in unserem Leben gemacht haben, gibt es bestimmte Situationen, die für uns generell mit Unsicherheit oder sogar Angst behaftet sind.

Als Kind war das für mich zum Beispiel der dunkle Keller, später im Landschulheim dann der nächtliche Wald, wo wir uns als Gruppe verlaufen hatten, als plötzlich ein Schuss losging. Von Sicherheit weit und breit keine Spur.

Inzwischen weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man Sicherheit ein Stück weit lernen kann. Auch wenn es dafür Zeit braucht. Wie die Natur dir helfen kann, besser mit Trauma zu leben und dein Gefühl von Sicherheit zu stärken, erfährst du in diesem Beitrag.

Warum Sicherheit die Basis für ein erfülltes Leben ist

Sicherheit gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Mangelnde Sicherheit führt dazu, dass wir unsere Fähigkeiten und Stärken nicht voll ausleben, weil wir zum Beispiel Angst vor Veränderung haben, von unserer erlernten Hilflosigkeit nicht loskommen oder permanent in einer Hab-Acht-Stellung verharren, die uns suggeriert, dass wir einfach nur wachsam sein müssen um auf alles vorbereitet zu sein.

Insbesondere für Menschen mit traumatischen Erfahrungen. Denn laut Dami Charf führt ein Trauma dazu, dass in diesem Fall die grundlegende Sicherheit abrupt und in vielen Fällen dauerhaft verloren geht.

Spätestens seit meiner großen Krise vor 3 Jahren weiß ich, wie sich das anfühlt. Damals hat es mich buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen, ich kam alleine nicht mehr klar. Auch in der Klinik brauchte ich Wochen um Stück für Stück meinen Aktionsradius auf dem Gelände draußen zu erweitern und dabei mein durch das Trauma verlorengegangene Gefühl von Sicherheit in der Natur zurückzuerorbern.

Wie wir emotionale Sicherheit lernen

Laut Dami Charf entsteht Sicherheit in erster Linie durch gute und sichere Kontakte. Was aber, wenn gerade die gefehlt haben? Zum Beispiel, weil ein Trauma infolge unserer ersten Bindungs- und Beziehungserfahrungen entstanden ist? Dann bleibt uns nur die Möglichkeit, diese Erfahrungen als Erwachsene nachzuholen.

Zum Beispiel im Kontakt mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin. Oder mit guten Freunden. Wichtig ist, Stück für Stück den Mut zu entwickeln, neue Erfahrungen zu machen. Auch wenn das zunächst beängstigend sein kann.

Indem wir dabei auch unseren Körper mit einbeziehen und üben, Sicherheit körperlich zu spüren, lernt unser Nervensystem, weniger stark auf vermeintliche Gefahren zu reagieren. Das Ergebnis: Weniger Stress, mehr Sicherheit.

Warum die Natur einer guter Ort für Sicherheit ist

Der Kontakt zur Natur wirkt sich positiv auf Körper und Psyche aus (mehr dazu findest du unter Trauma und Natur). Je länger der Kontakt, desto besser. Erstaunlicherweise reichen bereits 20 Minuten, um unseren Stresshormonspiegel nachweislich zu senken. Das sollen andere Methoden zur Stressreduktion erst mal nachmachen.

Somit ist die Natur auch der ideale Ort, wenn es darum geht, dein Gefühl von Sicherheit beim Leben mit Trauma zu stärken. Aus Sicht der Evolution macht das durchaus Sinn, denn unsere Vorfahren und Ahnen lebten und wohnten schließlich noch dort, wo wir heute in der Regel nur noch zum Wandern oder Campen hinfahren.

3 Übungen in der Natur für mehr emotionale Sicherheit

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es schwierig sein kann sich sicher zu fühlen. Selbst wenn objektiv keinerlei Gefahr droht. Denn ein sensibles und/oder dysreguliertes Nervensystem reagiert empfindlicher auf äußere und innere Reize, da kommt der Kopf in der Regel nicht hinterher.

Über den Verstand lässt sich das meiner Meinung nach auch schwer ändern, denn es ist ja der Körper der instinktiv reagiert, wenn auch unverhältnismäßig. Wenn es um das Gefühl von emotionaler Sicherheit im Umgang mit Trauma geht, funktionieren deshalb Körperübungen in der Natur für mich am besten.

Warum? Weil ich dort kann von mehreren meiner Ressourcen gleichzeitig profitieren kann: Natur, Achtsamkeit und Körperübungen.

Sitzbank in einer grünen Wiese mit Blick auf den Wald - naturingmyself - Mit Trauma leben: 3 Übungen in der Natur für mehr Sicherheit
Ein Sitzplatz im Grünen – Optimal um eine Übung zu machen

Nachfolgend möchte ich dir 3 Übungen vorstellen, die du dazu nutzen kannst, um in und mit der Natur dein Gefühl von emotionaler Sicherheit zu stärken. Die Übungen basieren zum einen auf meinen eigenen Erfahrungen aus der Körpertherapie und zum anderen auf einer Mischung aus Körperwahrnehmung und Achtsamkeit.

1. Übung: Sitzen wie ein lebendiger Berg

Für diese Übung brauchst du eine stabile Sitzmöglichkeit. Am besten eignet sich meiner Erfahrung nach eine Holzbank, die sich in den meisten Wald- und Naturgebieten gut finden lässt. Alternativ funktioniert auch ein Baumstumpf oder ein am Boden liegender stabiler Baum, wobei damit nur ein Teil der Übung möglich ist.

So funktioniert’s auf einer Sitzbank:

Schritt 1: Setze dich bequem hin und stell deine Füße auf den Boden. Dein Rücken sollte aufrecht sein. Wenn möglich, sollte dein Rücken auch Kontakt zur Rückenlehne der Bank haben. Atme einige Male ruhig ein und aus, ohne deinen Atem bewusst zu verändern.

Schritt 2: Nimm wahr, wie deine Füße den Boden berühren. Ist der Kontakt eher fest und stabil? Oder eher locker? Spüre in deine Füße hinein und versuche nach und nach, ihr Gewicht mehr und mehr an den Boden unter dir abzugeben.

Schritt 3: Wandere dann mit deiner Aufmerksamkeit zu deinem Gesäß und nimm wahr, wie es die Bank berührt. Wie fühlt sich das an? Kannst du spüren, wie dein Körper von der Bank gehalten wird? Kannst du dein Gewicht der Bank anvertrauen?

Schritt 4: Nimm nun wahr, wo dein Rücken die Lehne der Bank berührt und wie sich das für dich anfühlt. Ist der Kontakt eher fest? Oder locker? Fühlt sich der Kontakt stabil an? Kannst du dich beim Anlehnen etwas entspannen und Gewicht an die Lehne abgeben?

Schritt 5: Lenke deine Aufmerksamkeit nun nacheinander auf den Kontakt deines Körper mit Boden und Bank und nimm dir Zeit den Kontakt von Füßen, Gesäß und Rücken bewusst zu spüren. Hat sich etwas im Vergleich zum Beginn der Übung geändert? Wie fühlst du dich? Versuche eine Weile bei dieser Wahrnehmung zu verweilen, bevor du die Übung beendest.

Tipp: Du kannst die Übung auch Abwandeln und an deine Vorlieben anpassen. Zum Beispiel falls du mit den Füßen nicht auf den Boden kommst oder deine Sitzgelegenheit keine Rückenlehne hat.

Außerdem eignet sich die Übung auch für drinnen oder unterwegs, denn den Kontakt zur Unterlage oder zur Lehne kann man dort auch wunderbar nutzen um sein Gefühl von Sicherheit zu trainieren.

Stabiler alter Baum mit strukturierter Rinde mit gründen Laubbäumen im Hintergrund - naturingmyself - Mit Trauma leben: 3 Übungen in der Natur für mehr Sicherheit
Stabiler alter großer Baum – Perfekt um eine Übung zur Sicherheit zu machen

2. Übung: Sicherheit spüren durch Stabilität

Such dir für diese Übung einen gut zugänglichen, stabilen Baum. Der Baum sollte so groß sein, dass du dich gut anlehnen kannst. Alle anderen Faktoren wie Art, Standort oder Durchmesser kannst du frei wählen. Vielleicht hast du ja “deinen” Baum ja auch schon gefunden? Die Übung an sich ist wirklich simpel, dafür umso effektiver.

So funktioniert’s:

Schritt 1: Stell dich vor den Baum, so dass du dich mit deinem Rücken an ihn anlehnen kannst. Du solltest dabei einen sicheren und stabilen Stand haben. Dann lehnst du dich zurück, bis dein Rücken die Rinde des Baums berührt.

Schritt 2: Nimm dir einen Moment Zeit, um den Kontakt zum Baum wahrzunehmen und zu spüren, wo sich Rücken und Baum überall berühren.

Schritt 3: Wenn du möchtest und du dich dabei wohlfühlst, kannst du jetzt auch die Augen schließen, um dich noch mehr auf die Wahrnehmung des Kontakts zwischen Baum und Rücken zu konzentrieren. Wie fühlt er sich an? Welche Gefühle entstehen bei dir? Kannst du den Baum ein Stück weit als Stütze und Unterstützer wahrnehmen?

Schritt 4: Bevor du die Übung beendest, spüre noch mal in deinen Rücken und nimm wahr, was sich seit Beginn der Übung für dich verändert hat. Wenn du möchtest, kannst du dann zum Abschluss dem Baum für seine Unterstützung danken.

Tipp: Hast du schon „deinen“ Baum im Wald gefunden? Oder vielleicht Lust nach einem Baum als Kraftort Ausschau zu halten? Solch ein Baum eignet sich ideal um die Übung regelmäßig zu machen und darau ein kleines Ritual entstehen zu lassen.

Je öfter du dein Gefühl für emotionale Sicherheit in der Natur und im Umgang mit deinem Trauma trainierst, desto vertrauter wird es für dich mit der Zeit und desto besser kannst du es im Körper wahrnehmen.

Bonus-Tipp: Vielleicht ist auch die achtsame Baummedition etwas für dich, die du nicht nur drinnen sondern auch wunderbar draußen in der Natur machen kannst. Du findest sie als kostenlose Anleitung auf meiner Download-Seite.

3. Übung: Mehr Sicherheit dank Schwerkraft

Für diese Übung brauchst du einen ruhigen Ort draußen in der Natur. Das kann eine Waldlichtung sein, eine Wiese oder das Ufer eines Gewässers. Generell gibt es kaum einen Ort, an dem du die Übung nicht machen kannst. Sie eignet sich auch für zwischendurch oder als Notfall-Übung in stressigen Zeiten.

So funktioniert’s:

Schritt 1: Stell deine beiden Füße parallel auf den Boden und nimm wahr, wie sie den Boden berühren. Verweile einen Moment bei dieser Wahrnehmung.

Schritt 2: Beginne nun sanft dein Gewicht zu verlagern. Zuerst auf die rechte Außenkante deiner Füße, dann auf die linke Außenkante deiner Füße. Danach langsam nach vorne und nach hinten. Spüre wie dabei stets der Kontakt zum Boden erhalten bleibt. Die Schwerkraft sorgt dafür, dass du nicht umkippst oder das Gleichgewicht verlierst.

Schritt 3: Achte auch auf deinen Atem. Beobachte, ob er sich verändert, während du die Übung machst. Im Idealfall hilft dir diese Übung in der Natur, mehr Sicherheit in deinem Körper zu spüren, dein Nervensystem zu beruhigen und mit den Auswirkungen deines Trauma besser umzugehen.

Mehr emotionale Sicherheit dank der Natur

Unser Nervensystem bestimmt darüber, wie sicher wir uns im Alltag fühlen. Ist es gut reguliert, entsteht in uns ein Gefühl von emotionaler Sicherheit und wir schaffen es unsere Fähigkeiten und Stärken voll auszuleben.

Haben traumatische Erfahrungen unser System überempfänglich für äußere und innere Reize und damit Meldungen potentieller Gefahren gemacht, fällt es uns unter Umständen schwer uns sicher zu fühlen. Denn unser Körper glaub permanent wir würden bedroht.

Emotionale Sicherheit ist daher zu recht ein menschliches Grundbedürfnis, das in der Regel in der Kindheit über den Kontakt zu unser Bezugsperson vermittelt wird. Doch auch wenn das nicht in ausreichendem Maßer der Fall war, können wir emotionale Sicherheit üben und trainieren. Zum Beispiel in der Natur.

Mit Hilfe einfach verfügbarer Dinge wie einer Bank, einem Baum oder der Schwerkraft können wir draußen in der Natur üben emotionale Sicherheit zu spüren. Durch den Auftenthalt in der Natur profitiert unser Nervensystem dabei doppelt: Es entspannt sich und schenkt uns ein Gefühl von Sicherheit.

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