Achtsamkeit und Gedanken
Trotz aller Einschränkungen der letzten Jahre durch Corona, ist uns ein Luxus immer erhalten geblieben: die Natur. Jetzt, wo der Sommer langsam zur Neige geht, es draußen aber noch überall grünt und blüht, ist die ideale Zeit, um belastende Gedanken mit Achtsamkeit in der Natur loszulassen.
Denn das Eintauchen in die besondere Atmosphäre der Natur fördert nachweislich unsere psychische Gesundheit und unser gesamtes Wohlbefinden. Außerdem ist die Natur das ideale Umfeld, um (naturbasierte) Achtsamkeit zu praktizieren und damit den Stress und die Ängste des hektischen Alltags hinter uns zu lassen.
In diesem Beitrag, der auf einem Artikel von Talk in the Bay basiert, erkläre ich dir daher, was ich unter Achtsamkeit verstehe und warum es so gut ist, Achtsamkeit bei belastenden Gedanken draußen im Grünen zu praktizieren.
Außerdem zeige ich dir 5 Möglichkeiten, wie du die Natur nutzen kannst, um belastende Gedanken zu beruhigen, von der wohltuenden Wirkung der Natur zu profitieren und dir selbst etwas Freiraum zu verschaffen.
Was genau bedeutet Achtsamkeit?
Achtsamkeit ist eine Form der Meditation, die dir hilft, dich auf das zu konzentrieren, was du in diesem Moment wahrnehmen und fühlen kannst. Ziel ist es, sich von Augenblick zu Augenblick bewusst zu sein.
Wir lenken unsere Aufmerksamkeit dazu auf unsere Gedanken, unsere Gefühle und auch auf unsere Körperempfindungen (=innere Achtsamkeit) sowie das, was wir in unserer unmittelbaren Umgebung wahrnehmen können (=äußere Achtsamkeit).
Achtsamkeit und Trauma: Was es zu beachten gilt
Für Menschen mit Trauma ist äußere Achtsamkeit in der Regel innerer Achtsamkeit vorzuziehen. Die Fokussierung auf das eigene Innenleben fühlt sich möglicherweise nicht sicher an und kann zu Überwältigung durch traumatische Erinnerungen und Emotionen führen.
Äußere Achtsamkeit kann hingegen stabilisierend und stärkend wirken, wie zum Beispiel bei der 5-4-3-2-1-Übung, einer Stabilisierungstechnik aus der Traumatherapie.
Die innere Haltung bei Achtsamkeit: Freundliche Akzeptanz
Idealerweise geschieht dies alles auf eine freundliche und nicht wertende Art und Weise, so dass wir nicht überfordert werden oder übermäßig auf das reagieren, was um uns herum geschieht.
Stattdessen bietet Achtsamkeit eine akzeptierende Haltung, die uns dabei helfen kann, in der Gegenwart zu bleiben, auch wenn immer wieder belastende Gedanken und Gefühle aus der Vergangenheit auftauchen.
Lese-Tipp: Wenn du mehr über naturbasierte Achtsamkeit erfahren willst, findest du im Bereich Wissen mehr Hintergrundwissen und auf meinem Blog konkrete Tipps für die Praxis von Achtsamkeit in der Natur.
Wie kann Achtsamkeit dir bei belastenden Gedanken helfen?
Wenn wir uns Sorgen machen oder uns ängstlich fühlen, was bei Menschen mit traumatischen Erfahrungen häufig der Fall ist, sind wir viel mit Dingen beschäftigt, die in der Vergangenheit passiert sind. Oder wir machen uns Sorgen darüber, was in der Zukunft alles passieren könnte. Diese Gedanken können belastend sein.
Achtsamkeit ist eine Methode, mit der man lernt, in der Gegenwart zu leben und mehr Offenheit zu entwickeln für das, was im jetzigen Moment passiert. Die Fokussierung auf den Augenblick hilft dir, belastende Gedanken und Gefühle besser zu kontrollieren.
Sie hilft dir auch, mit mehr Dankbarkeit und weniger Ängsten zu leben. Und Achtsamkeit hilft dir dabei, einen gewissen mentalen Abstand zwischen deinen belastenden Gefühlen und Reaktionen herzustellen. Außerdem lernst du, deine Gedanken wahrzunehmen, aber nicht an ihnen festzuhalten, sondern sie ziehen zu lassen – wie dunkle Wolken am Himmel.
Wir haben vergessen, was Steine, Pflanzen und Tiere noch wissen. Wir haben vergessen, wie es ist, hier zu sein, still zu sein, wir selbst zu sein, zu sein, wo das Leben ist: Hier und Jetzt.
-Eckhart Tolle
Warum die Natur gut für deine geistige Gesundheit ist
Wir wissen, dass Achtsamkeit gut für unsere psychische Gesundheit ist. Umfangreiche Forschungen haben aber auch gezeigt, dass die Zeit, die wir in der Natur verbringen, hilft, negative Angewohnheiten und wiederkehrende Stimmungstiefs zu reduzieren. Gleichzeitig werden positive Zustände verstärkt.
Forschungen auf dem wachsenden wissenschaftlichen Gebiet der sogenannten Naturtherapie zeigen einen starken Zusammenhang zwischen der Zeit, die wir in der Natur verbringen, und der Verringerung von Stress, Angst und Depression. Es ist daher nicht überraschend, dass immer mehr Ärzte und Wissenschaftler die „grüne Therapie“ befürworten – das Eintauchen in die Natur zur Förderung der psychischen Gesundheit.
Ein gutes Beispiel dafür ist das aus Japan stammende Waldbaden, das sich traumasensitiv angepasst ebenso wie (naturbasierte) Achtsamkeit für Menschen mit Trauma eignet. Mehr zum traumasensitiven Waldbaden findest du im Bereich Wissen und im Beitrag “Weniger Stress dank Waldbaden: 7 Tipps für Menschen mit Trauma”.
Hier kommen 5 einfache Tipps, um Achtsamkeit in der Natur zur praktizieren
Zeit an der frischen Luft zu verbringen und Achtsamkeit zu praktizieren, sind beides hervorragende Möglichkeiten, um dein seelisches Gleichgewicht zu fördern. Und die Kombination beider Elemente kann besonders effektiv sein.
Hier kommen also die fünf Tipps für Achtsamkeit in der Natur:
Tipp 1: Verbinde dich über deinen Atem mit den Bäumen
Suche dir draußen einen ruhigen Platz zum Sitzen oder Gehen. Nimm dir dann einen Moment Zeit, um die Bäume um dich herum und den Sauerstoff, den sie uns liefern, zu würdigen. Denke beim Ausatmen daran, wie du dieses Geschenk an die Natur zurückgibst.
Atme achtsam, spüre, wie die Luft in deinen Körper ein- und ausströmt. Wenn deine Gedanken abschweifen, lenke sie sanft zurück auf deine Atmung und die Verbindung, die du mit der Natur hast.
Gut zu wissen: Durch den Fokus auf deine Atmung lenkst du deine Aufmerksamkeit weg von den belastenden Gedanken, dein Gehirn wird automatisch mit mehr Sauerstoff versorgt und dein parasympathisches Nervensystem wird aktiviert, beides trägt zu Entspannung und Ruhe bei.
Tipp 2: Schau dich bewusst um in der Natur
Um die Natur um dich herum achtsam wahrnehmen zu können, musst du dich umsehen und die vielen Details um dich herum entdecken. Anstatt Dinge wie einen Vogel, einen Baum oder eine Blume gedanklich zu benennen, solltest du stattdessen die Farben, Muster und Strukturen wahrnehmen.
Achte darauf, wie sich die Dinge sanft bewegen, wie sich die Äste sacht wiegen, wie das Wasser leise plätschert. Versuche dir dabei vorzustellen, dass du diese Dinge zum allerersten Mal siehst. Im Rahmen der Achtsamkeitspraxis spricht man daher auch von der inneren Einstellung des Anfängergeists.
Wenn du dich ablenken lässt, konzentriere dich auf eine bestimmte Farbe oder ein bestimmtes Muster, um deine Gedanken wieder zu fokussieren.
Gut zu wissen: Die bewusste Wahrnehmung unserer Umgebung hilft deinem Körper zu realisieren, dass keine Gefahr droht und sich Körper und Geist beruhigen dürfen, was automatisch auch mehr Ruhe in das Gedankenchaos in deinem Kopf bringt.

Tipp 3: Höre auf die Geräusche statt auf die belastenden Gedanken
Schließe die Augen und lausche. Was kannst du hören? Konzentriere dich auf die Geräusche, das Zwitschern der Vögel, das Rascheln der Blätter in den Bäumen, das Bellen eines Hundes in der Entfernung.
Wie viele verschiedene Arten von Vogelstimmen kannst du hören? Sind die Töne eher hoch oder eher tief? Wie fühlst du dich bei den Klängen? Auf diese Weise entwickelst du ein tieferes Bild von dem, was dich umgibt, als nur das, was du mit bloßen Augen sehen kannst.
Gut zu wissen: Indem du deinen Hörsinn bewusst auf die Geräusche in der Umgebung lenkst und deine Wahrnehmung darauf fokussierst, verlieren belastende Gedanken an Aufmerksamkeit. Du schaffst dadurch einen Anker im Außen, statt dich innerlich von Gedanken und Gefühlen mitreißen zu lassen.
Tipp 4: Finde deinen indiviudellen Wohlfühlort draußen im Grünen
Wo du hingehst, ist nicht wirklich wichtig. Achte jedoch darauf, Orte und Landschaften aufzusuchen, die dir gut gefallen und wo du dich sicher fühlst. Das kann dein Garten oder der öffentliche Park um die Ecke sein, ein Wanderweg im nahegelegenen Naturschutzgebiet oder dein Lieblingsstrand.
Und du musst nicht allein dorthin gehen. Eine große britische Studie aus dem Jahr 2014 hat ergeben, dass Spaziergänge in der Natur in der Gruppe genauso effektiv sind wie alleine, wenn es darum geht, Stress zu bewältigen und die allgemeine psychische Gesundheit zu fördern.
Durch die Kombination aus Bewegung, Aufenthalt in der Natur und Kontakt zu anderen Menschen kannst du gleich mehrfach profitieren. Denn alles wirkt schon für sich genommen schon stressreduzierend, erst recht kombiniert.
Wenn du die Angst des Lebens besiegen willst, lebe im Moment, lebe im Atem.
-Amit Ray
Tipp 5: Mach die Natur zu einem festen Teil deines Alltags
Um dein geistiges und körperliches Wohlbefinden zu steigern, solltest du den Aufenthalt in der Natur in deinen Tagesablauf integrieren. Und wenn du nicht in der Lage bist, nach draußen zu gehen, versuche, dir einfach die Natur ins Haus zu holen.
Laut einem 2017 veröffentlichten Bericht kann das Hören von Naturgeräuschen eine ähnliche Wirkung auf unser Gehirn haben wie der Aufenthalt im Freien und den Spiegel des Stresshormons Cortisol senken. Und es scheint, dass sogar das Betrachten von Bildern von Naturszenen und Lieblingsplätzen helfen kann.
Fazit: Mit mehr Achtsamkeit zu weniger Autopilot
Achtsamkeit ist mehr als ein Trend. Sie kann im Umgang mit Trauma und belastenden Gedanken sehr hilfreich sein, weil sie dich in den gegenwärtigen Moment holt. Doch erst in Kombination mit der Natur entfaltet sie ihre volle Wirkung, denn beides fördert deine geistige und körperliche Gesundheit. Und das ohne großen Aufwand und Kosten.
Denn um in der Natur Achtsamkeit zu praktizieren, braucht es wenig: Einen ruhigen Platz zum Sitzen oder Gehen und Zeit. Dann heißt es Atmen, Umschauen, Lauschen, Platz finden und in den Alltag integrieren.
Das Ergebnis: Weniger belastende Gedanken im Kopf und mehr Entspannung im Umgang mit Trauma. Also, worauf wartest du? Raus in die Natur und mit mehr Achtsamkeit zu weniger Autopilot in deinem Leben mit Trauma.